Denkmale in der Stadt Mönchengladbach

 Nr. V 031

 

Standort:

Viersener Straße 71,  D 41063 Mönchengladbach - Mitte

GPS:

5112' 01,3" N   06o 25' 33,5" O

Zuständigkeit:

Evang. Gemeindeverband Mönchengladbach

Baujahr:

1610, nachweislich 1854

Tag der Eintragung als Denkmal

4. Mai 2011

Quellenhinweis:

Teilbeschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Evang. Friedhof in Mönchengladbach - Mitte

Denkmalbeschreibung:  

Der Friedhof liegt außerhalb des mittelalterlichen Stadtkerns an der Viersener Straße. Er wird von der Viersener Straße, Lindenstraße und Klagenfurter Straße begrenzt. An seiner Südseite schließt das Gelände das Bethesda-Krankenhauses an.

Die Gestaltung der heutigen Friedhofsanlage geht wesentlich auf die Mitte des 19. Jh. zurück. Der Hauptzugang liegt an der Viersener Straße 71. Der Friedhof wird durch ein orthogonales Wegesystem erschlossen. Zwischen den Wegen liegen vorwiegend rechtwinklige Begräbnisfelder. In zwei markanten Kreuzungspunkten der Hauptwege stehen Einzeldenkmale: Ein 1872 aufgestellter Obelisk als Ehrenmal für die im Krieg 1870/71 gefallenen Gladbacher Soldaten und ein Christusdenkmal auf monumentaler Basis. Vier weitere Rondelle im westlichen jüngeren Teil des Friedhofs sind bepflanzt. Ein alter Baumbestand verleiht der Anlage einen hohen malerischen Reiz. Eine aus Ziegelsteinen gesetzte hohe Einfriedungsmauer umgibt die Anlage an Viersener Straße, Lindenstraße und Klagenfurter Straße. Quadratische Backsteinpfeiler mit kapitellartigen Köpfen rahmen Wandfelder, die über einer flachen Mauer einen Bogenfries mit Gesims und einen flach geneigten, dachförmigen Abschluss tragen.

Historische Grabstätten und die Friedhofskapelle werden separat untersucht.

Schon in der Mitte des 16. Jh. sind in Gladbach Täufer und Mennoniten, Sakramentarier und Reformierte ansässig. Vor dem Jahr 1610 existiert in Gladbach jedoch keine eigenständige reformierte Gemeinde mit eigenem Prediger. Die Reformierten in Gladbach, Dahlen und zunächst auch Rheydt bilden das sog. Gladbacher Quartier, das um 1572 entstanden sein muss und dessen Leitung einem dem Presbyterium vergleichbaren Quartierskonsistorium obliegt. Mit dem Tod  des kinderlosen Herzogs Johann Wilhelm erlischt 1609 das Geschlecht der katholischen Herzöge von Jülich-Kleve-Berg und endet die erste Phase der Gegenreformation. Als Erben setzen sich die lutherischen Fürstenhäuser Brandenburg und Pfalz-Neuburg durch, die ihren Untertanen Glaubens- und Gewissensfreiheit einräumen. So entsteht noch 1610 die erste reformierte Gemeinde, deren Prediger der aus Hamm nach Gladbach kommende Henricus Wullius ist. Er legt zwar ein Kirchenbuch für Taufen, Trauungen und für die Ablegung des Glaubensbekenntnisses an. Beerdigungen werden jedoch noch nicht verzeichnet. Gemeinsam mit den Täufern (Mennoniten und Baptisten) legen die Reformierten um 1611/12 am Hondtsberg (Fliescherberg) einen newen Kirchhoff an. Schon 1636 wird eine Erweiterung notwendig, hierzu verkaufen der Täufer und Gladbacher Kaufmann Henrich und seine Frau Treintgen Hanssen Flächen an die reformierte und Täufergemeinde. Bis 1854 finden am Fliescherberg Bestattungen statt. Der Übertritt des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm 1614 vom Luthertum zum Katholizismus leitet eine zweite Phase der Gegenreformation ein, dies hat Auswirkungen auf die Reformierten in Gladbach. Über 50 Jahre wird ihnen die Ausübung des Gottesdienstes verboten und sie müssen zur Predigt nach Rheydt gehen. Erst 1672 kehrt durch den brandenburgisch-pfälzischen Religionsvergleich wieder Ruhe ein, die Ausübung des reformierten Bekenntnisses wird erneut erlaubt. So bitten die Reformierten den Stadtrat 1675 um die Erlaubnis, innerhalb der Stadt eine Kirche bauen zu dürfen, was dieser allerdings ablehnt. Nach seiner Wahl beginnt der aus dem Siegerland stammende Prediger Peter Herminghausen (1658-1749) mit dem Bau eines Predigthauses, das neben dem Friedhof am Hondtsberg - etwa im Bereich des heutigen Hauses Erholung bzw. des Alten Hauses Zoar - entsteht. Die Kirche wird 1684 in Nutzung genommen. Offen bleibt die Frage, wo Reformierte und Täufer vor dem Jahre 1610/11 bestattet werden, zumal für das Jahr 1612 aus einem Konsistorialprotokoll belegt ist, dass Bestattungen am Hondtsberg auf dem sog. newen Kirchhoff erfolgen. Da Bestattungen innerhalb der von der Benediktinerabtei geprägten Stadt wenig realistisch erscheinen, spricht Einiges dafür, das es auch einen älteren Friedhof gegeben haben muss. Dieser hat eventuell auf dem Grundstück zwischen der heutigen Lindenstraße und Viersener Straße gelegen und scheint 1854 für eine wieder aufgenommene Nutzung reaktiviert worden zu sein. Diese Sichtweise entspricht auch der Überlieferung und wird durch ein Vermessungsbuch der Jahre 1730-40 gestützt. Auch spricht eine Eintragung des Jahres 1666 in Gladbacher Erbbüchern von einem Calviner Friehoffgrundstück ... vor der Marder Pfortzen (Vierscher Tor oder Viersener Tor). Demnach reicht die Geschichte des Friedhofs an der Viersener Straße eventuell bis in die Reformationszeit zurück. Als am 28. Oktober 1852 die Christuskirche am Kapuzinerplatz in Nutzung genommen wird, ist die Gemeinde in der Lage, die baufällige alte Kirche am Fliescherberg aufzugeben. Gemeinsam mit dem Kirchengebäude wird auch bald der Friedhof aufgegeben, denn schon 1853 tritt eine Kommission zusammen, die die Felder von Johann Meyer, Thomas Herfs und den Erben des Konrad Kauertz an der Viersener Straße ankauft. Sie werden mit einer massiven Mauer umgeben und durch ein Eisentor verschlossen. Am 11. Oktober 1854 genehmigen die Königliche Regierung in Düsseldorf  und am 7. November 1854 die Stadt das Vorhaben. Am 15.11.1854 erfolgt die erste Bestattung, es ist die Ehefrau des Präsidenten der Gladbacher Handelskammer und Stadtrats Johann Peter Boelling. 1863 kommt es durch Flächenankauf zu einer ersten Erweiterung des 7.300 Quadratmeter großen Friedhofs um immerhin 3,5 Morgen, die Kosten betragen 1.800 Taler. Um 1867 wird ein neues Leichenhaus und eine Predigthalle - heute Friedhofskapelle genannt - errichtet. Nach dem deutsch französischen Krieg stellt man 1872 einen Obelisken als Ehrenmal auf. Die Flächenreserven schrumpfen, sodass schon 1883 gegen den erklärten behördlichen Willen Planungen für eine zweite Erweiterung aufgenommen werden. Erst am 8. Juli 1887 genehmigt die Düsseldorfer Regierung die erneute Friedhofserweiterung. Schon im darauffolgenden Jahr kommt es am 25. August 1888 zu einem dritten Flächenankauf an der Klagenfurter Straße. Die ministerielle Genehmigung lässt bis 1903 auf sich warten, dennoch hat die Gemeinde bereits vorher auf der Fläche Bestattungen durchgeführt. Die letzte Erweiterung bringt den Bau einer aus Ziegelsteinen gesetzten Begrenzungsmauer im Jahr 1907 mit sich. Die Größe des Friedhofs beträgt etwa 4.100 Quadratmeter. Der Zweite Weltkrieg führt durch ein starkes Bombardement der Stadt am 19./20. September 1944 zu erheblichen Zerstörungen am Leichenhaus und nach Zeugenaussagen auch an der Predigthalle. Der Grad der Zerstörung der Predigthalle ist allerdings umstritten. Das Dach soll zerstört worden sein, während nur die Außenmauern stehen bleiben. In den Jahren 1951/52 entstehen Leichenhaus, Gärtnerei, Treibhaus, Schuppen und WC-Anlage neu, die Kapelle wird wiederaufgebaut. 2004 wird das 150-jährige Jubiläum des Friedhofs begangen.

Die Friedhofsanlage besitzt eine hohe historische Authentizität und lässt ihre Anlage ab der Mitte des 19. Jh. gut erkennen.  

Der evangelische Friedhof an der Viersener Straße liegt vermutlich an der Stelle, wo seit reformatorischer Zeit die ersten reformierten Christen beigesetzt werden. Vorübergehend in der frühen Neuzeit außer Nutzung gesetzt, werden Bestattungen hier erneut ab der Mitte des 19. Jh. vorgenommen. Aufgrund des Platzbedarfs werden mehrfach Flächen angekauft, um das Friedhofsareal den wachsenden Ansprüchen anzupassen. Mit Beginn des 20. Jh. erhält der Friedhof eine aufwändige Einfriedungsmauer aus Ziegelsteinen, die handwerkliche Qualität und hohen Gestaltungsanspruch erkennen lässt. Wichtige Familien aus Mönchengladbach finden auf dem Friedhof ihre letzte Ruhestätte. Stadtgeschichte lässt sich an diesen Grabstätten exemplarisch ablesen. Der evangelische Friedhof an der Viersener Straße ist in seiner gestalterischen Anlage mit Wegeführungen, Einfriedungsmauer und den genannten Einzeldenkmalen denkmalwert.

Der evangelische Friedhof an der Viersener Straße ist bedeutend für die Geschichte des Menschen, und für Städte und Siedlungen.

An seiner Erhaltung und Nutzung besteht ein öffentliches Interesse aus wissenschaftlichen, insbesondere künstlerischen, architekturgeschichtlichen, ortsgeschichtlichen, und / oder städtebaulichen Gründen.