Denkmale in der Stadt Kempen |
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Lfd.-Nr. 262 |
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Standort: Königstraße 48, D 47884, Kempen - St. Hubert GPS: 51o 23' 00,1" N 06o 27' 16,7" O Zuständigkeit: Privat Baujahr: Mitte 19. Jahrhundert Tag der Eintragung als Denkmal 4. März 2002 Quellenhinweis: Beschreibung der Denkmalbehörde
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Wohnhaus in St. Hubert (Ehem. Weberhaus)
Denkmalbeschreibung: Das eingeschossige traufständige
Backsteingebäude mit Satteldach schließt auf rechteckiger Grundfläche
links direkt an ein Nachbargebäude an, der rechte Giebel steht hingegen
frei. Zugehörig ist ein niedriger Schuppen ebenfalls aus Backstein mit
Satteldach, der rückwärtig parallel zum Vordergebäude steht, von
diesem durch einen kleinen Hof getrennt. Seitlich schließt eine Mauer
mit Durchgang das Grundstück zum vorbeiführenden Weg ab. Durch den
Schuppen hindurch, vorbei an einem alten Abort, erreicht man rückwärtig
einen ebenfalls zum Haus gehörigen Nutzgarten. Das über kleinem Sockel an
den beiden Ansichtsseiten unverputzte Vorderhaus besitzt zur Straße
links neben dem Eingang ein großes liegendes Schaufenster wohl der
1960er Jahre. Ferner sind wohl gleichzeitig einscheibige Fenster in die
vorhandenen Fensteröffnungen eingesetzt worden; im Dachgeschoss des
Giebels sind noch alte gesprosste zweiflügelige Fenster erhalten.
Ansonsten entspricht das schlichte Erscheinungsbild noch weitgehend dem
historischen Bautyp. Neben dem nicht ausgebauten Dach ist hier vor allem
die charakteristische Verteilung der hochrechteckigen Fensteröffnungen
zu nennen (Zwei rechts neben dem Eingang, vier plus zwei im Giebel, eine
im EG zugesetzt), die auch von der Seite her ausreichend Licht für die
Vorne rechts zu vermutende ehemalige Webstube boten. Die Rückseite des
Hauses sowie die zum Haus gerichtete Front des Schuppens sind dünn
geschlämmt, die Außenseite des Schuppens hingegen ebenfalls
backsteinsichtig. Im Inneren des Hauses haben
sich Grundriss und teilweise auch Raumbild des 19. Jahrhunderts
weitgehend erhalten. Ein Flur führt gerade vom Eingang zu einem
Hinterausgang. Vorne rechts befindet sich ein großer Raum, der trotz
einer nachträglichen, aber reversiblen Unterteilung als die ehemalige
Webstube erkennbar ist. Hinter ihm, an der Gartenseite, schließt sich
die Küche an. Links des Flures sind hintereinander zunächst eine straßenseitige
kleinere Stube, dann Stiege bzw. Kellerabgang und – über dem kleinen
Kellerraum- ein als Opkamer erhöht liegender (Schlaf-)Raum angeordnet.
Neben dem quer erschließendem Flur und der charakteristischen,
funktional bedingten Anordnungen der Räume mit zentralem Kamin sind
Rahmen-Füllungstüren (z.T. durchfenstert), Dielenböden, die hölzerne
Stiegenkonstruktion und die Raumzuschnitte als prägende historische
Raum- und Ausstattungsdetails anzusehen. Im Dachgeschoss sind weitere
Kammern untergebracht. Form und innere Raumaufteilung unterstützen die mündliche örtliche Überlieferung, dass es sich bei dem Gebäude um ein Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenes ehemaliges Weberhaus handelt. In seiner Geschichte St.
Huberts behandelt F. Weinforth ausführlich Wesen und Bedeutung der
(Seiden) Hausweberei für den Ort. Befördert insbesondere durch das
nahe Krefeld, entwickelte sich dieser im Verlagswesen betriebene
Erwerbszweig (d.h. die Hausweber waren keine selbstständigen
Handwerker, sondern abhängige Lohnarbeiter) um die Mitte des 19.
Jahrhunderts zum zweiten wichtigen Standbein der St. Hubert Wirtschaft,
bevor die fabrikmäßige Industrialisierung gegen die Jahrhundertwende
die Heinarbeit verdrängte. Die zu diesem Zweck entstandenen typischen
Weberhäuser entwickelten schon aufgrund ihrer Häufigkeit vielerorts in
der Region, so auch in St. Hubert, eine ortsbildprägende Wirkung, meist
in Wachstumsgebieten an aus den alten Siedlungskernen heraus – oder
sie herumführenden Straßen. Der dabei ausgebildete Bautyp war
gekennzeichnet durch seine Ein- bzw. Anderthalbgeschossigkeit und eine
an der Giebelseite gelegene relativ großzügig belichtete Webstube. Ein
gerader Flur erschließt das Innere quer rückwärtig befinden sich
Stiege und Küche, gegenüber der Webstube nach vorne eine Wohnstube.
Schlafkammern waren meist im Dach angeordnet. Im Prinzip ist diese aus
der Funktion erwachsene Aufteilung im vorliegenden Beispiel anschaulich
erhalten, auch wenn der Grundriss im Detail wohl bereits ursprünglich
leicht variiert war. Die meist um die Mitte und im
dritten Viertel des 19. Jahrhunderts errichteten typischen Weberhäuser
können als eine landschafts- und produktionsspezifische Form eines frühen
Arbeiterwohnungsbaus bezeichnet werden. Anschauliche bauliche Zeugnisse
diese Typs, d.h. weitgehend von Modernisierung oder Ausbauten freie Baukörper
mit der typischen Grundrissaufteilung des Inneren, sind heute in der
Region jedoch selten geworden. Trotz einzelner Veränderungen im Detail,
von denen allerdings lediglich das vordere Schaufenster als verunstaltet
bezeichnet werden muss, kann das vorliegende St. Hubert Beispiel als ein
ungewöhnlich gutes Zeugnis dieses Bautyps und damit des einfachen
Wohnens und Arbeitens aus der Mitte bzw. zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts bezeichnet werden. Gerade auch diese unscheinbaren Gebäude,
deren Einfachheit ebenso typisch wie durch moderne Übernutzungen gefährdet
ist, bedürfen des Schutzes durch die Denkmalpflege, um sie als
Zeugnisse der Orts- und Sozialgeschichte zu erhalten.
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