Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 273

 

Standort:

Königsallee 5,  D 41747 Viersen

GPS:

5115' 26,8" N   06o 23' 35,1" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1877

Tag der Eintragung als Denkmal

12. Juli 1991

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Wohnhaus in Viersen

Denkmalbeschreibung:

Das zweigeschossige Gebäude mit Satteldach ist Bestandteil einer Häuserreihe, die um 1900 an der Königsallee entsteht.

Die originale Putzfassade, erdgeschossig mit Bänderputz, erfährt durch Geschoss- und Sohlbankgesimse eine Gliederung zwischen Erd- und Obergeschoss.

Das Haus weist einen reichen Fassadenschmuck auf, teils in geometrischer, teils in vegetabiler Ornamentik. Die Fassade des Gebäudes gliedert sich in 6 Achsen, wobei die jeweils Äußeren Eingangsachsen sind. Der Hauseingang liegt in der linken Achse und der Hofeingang in der rechten.

Die Eingänge mit originalen Türen in klassizistischen Türrahmungen sind besonders hervorgehoben. Sie erfahren eine Pilastergliederung mit geometrischer und floraler Ornamentik. Über den Eingangsbereichen ist ein flacher vorgeblendeter Sturz mit Blütenfries zu finden und ein auskragendes Gurtgesims, das auf zwei Konsolen gelagert ist.

Die Fenster im ersten Geschoss sind mit einem flachen Dreiecksgiebel überdeckt, der von zwei mit Blattwerk verzierten Konsolen getragen wird. Zwischen den Konsolen ist ein Blütenmotiv mit Blattornamenten zu sehen. Im Bereich der Fensterbrüstungen sind Stuckkassetten ausgebildet.

Das Dachgesims ist auf Konsolen gelagert. Zwischen den Konsolen sind Kassetten und ein Zahnfries gearbeitet. Der Zahnfries ist ebenfalls unterhalb der Konsolen anzutreffen.

Im Innern des Gebäudes sind alle Stuckdecken mit floralem und geometrischem Dekor im Original erhalten. Hervorzuheben ist die Decke im Herrenzimmer. Diese zeigt aufwendig gearbeitete vegetabile und geometrische Stuckornamente sowie eine Konsolenausbildung als Übergang der Wand zur Decke.

Das Gebäude weist zwei Flurbereiche auf. Der eine Flur ist vom Haupteingang zugänglich. Dieser ist im Deckenbereich mit einem geometrischen Bändermotiv geschmückt und einem Wandpfeiler mit floralem Kapitell.

Im zweiten Flur ist die original erhaltene Treppe zu finden, mit gedrechseltem Geländer und einem reich verzierten Anfangspfosten. Die farbigen Bodenfliesen sind ebenfalls im Original. Die Türen und Fenster sind im ursprünglichen Zustand.
Der Hofdurchgang zeigt eine Fachwerkkonstruktion. Der Keller ist ganz unterkellert und weist Tonnengewölbe auf.

Bauherr des Hauses Königsallee 5 ist August Lingenbrink. Dieser ist entsprechend der Tradition der Familie Lingenbrink in der Leinen-, Seiden- und Baumwollweberei tätig. So entsteht um 1900 neben der Fabrik am Klosterweiher die Spinnereifabrik hinter dem Gartengrundstück Königsallee 5, wo heute ein Teil des Stadtgartens ist.
Die Lingenbrinks sind Anfang des 19. Jahrhunderts maßgeblich an der Geschichte der Viersener Textilindustrie beteiligt. Im Jahre 1834 wird von der Fa. Eyring & Lingenbrink die erste Dampfmaschine mit 7 PS in Viersen im Baumhof des ehemaligen Klosters aufgestellt. Durch den Einsatz dieser ersten Viersener Dampfmaschine beginnt praktisch der Übergang von der Handfertigung (Manufaktur) zur ersten mechanischen Fabrikation. Der Inhaber Mathias Arnold Lingenbrink ist neben seiner kaufmännischen Tätigkeit noch im Gemeinderat bis 1868 tätig. Seine kleine Fabrik besitzt einen der zwei in Viersen zur damaligen Zeit bestehenden Fabrikschornsteine.
Um 1848 wird die Fabrik Lingenbrink & Vennemann gegründet. Mitinhaber ist August Lingenbrink. Die Fabrikinhaber nehmen die Produktion von Seiden und Seidenwaren auf. Im Jahr 1860 ist August Lingenbrink Mitbegründer der Viersener Aktiengesellschaft für Spinnerei und Weberei. Bis zu seinem Tode im Jahre 1903 ist er maßgeblich an der weiteren Technisierung der Leinen-, Seiden- und Baumwollweberei beteiligt.
Heute (1990) existieren nur noch kleine Reste der ehemaligen Größe der Viersener Textilindustrie.

Somit ist auch die berufliche Tradition der Lingenbrinks in der Textilbranche beendet. Denn in der heutigen Zeit ist kein Nachkomme bzw. Mitglied der Familie Lingenbrink mehr in der Textilindustrie beschäftigt.

Die aufwendige zeittypische Fassadengestaltung ist kennzeichnend für die Königsallee, wo sich in unmittelbarer Nachbarschaft eine Reihe von gut erhaltenen Stadthäusern im Ensemble präsentieren. Darüber hinaus gehört es zu den Häusern, die schon durch ihre Größe auf einen wohlhabenden Bauherren schließen lassen. Das zeigt sich einmal in der sechsachsigen Fassadengestaltung und zum anderen durch die großzügig gestalteten Innenräume.

Aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen, stadtentwicklungsgeschichtlichen und städtebaulichen Gründen liegen Erhaltung und Nutzung des Gebäudes gemäß § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes im öffentlichen Interesse.