Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 424

 

Standort:

Gladbacher Straße 1,  D 41747 Viersen

GPS:

5115' 10,0" N   06o 23' 37,3" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1894 / 1985

Tag der Eintragung als Denkmal

18. April 2002

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Gastwirtschaft Viersener Hof in Viersen

Denkmalbeschreibung:

Geschichte
Das Wohn- und Geschäftshaus Gladbacher Straße 1 wird 1894/95 an der Ecke zur Heierstraße errichtet. Im Erdgeschoss befindet sich die Gastwirtschaft "Viersener Hof", in den beiden Geschossen darüber Wohnungen. 1933 ist hier vorrübergehend die Parteizentrale der NSDAP-Kreisleitung untergebracht ("Horst-Wessels-Haus"). Die Nutzungsteilung zwischen Gastwirtschaft und Wohnungen ist bis heute erhalten, allerdings weist das Erdgeschoss darüber hinaus eine völlig neue Grundrissverteilung, welche die Erd- und Kellergeschosse der drei Häuser Gladbacher Straße 1 und 3 sowie Heierstraße 2 miteinander verbindet.

Beschreibung
Das an einer belebten Straßenecke stadtbildprägend gelegene, dreigeschossige Gebäude besitzt eine für die 1890er Jahre typische Backsteinputzfassade mit einem auf der Ecke abgewalmten, gaubenbesetzten Steildach (Dacheindeckung und die rechteckige Form der ursprünglich ovalen Gauben sind modern). Die Hausecke ist flach abgeschrägt; sie enthält den Eingang in die Gastwirtschaft und wird in der Dachzone durch ein Zwerchhaus betont. Zwei weitere Eingänge, der linke davon für das Treppenhaus der Obergeschoss-Wohnungen, sind zur Gladbacher Straße hin gerichtet.

Gestaltung und Schmuck der Fassade sind bis auf wenige Details unverändert erhalten. Das Erdgeschoss besitzt eine kräftige zweifarbige Putzbänderung, die von großen Fenstern unterbrochen wird. Der Wohnungseingang und der Eingang auf der Ecke, mit zweiflügeliger (erneuerter) Tür, sind korbbogig überfangen, die Gaststättenfenster zur Heierstraße und das erste Fenster an der Gladbacher Straße sind ebenfalls am Sturz abgerundet und mit Keilsteinen betont. Die breite ehemalige Durchfahrt zum Hof von der Heierstraße aus ist heute geschlossen. Eine Dreiergruppe aus mittigem Eingang und zwei breiten Fenstern charakterisiert das Erdgeschoss an der Gladbacher Straße, dabei wird der Eingang von zwei ornamentierten Pfeilern auf hohen Postamenten gerahmt.

Ein breites Geschossgesims leitet über zu den beiden kleinteilig gegliederten Wohngeschossen. Die hier backsteinsichtige Fassade wird durch Putzelemente belebt. Außerdem sind die Abstände der Fensterachsen leicht variiert, so dass trotz der immerhin 5:1:6 Achsen keine Monotonie der Reihung entsteht. Zusätzliches Relief erhält der Baukörper durch das flache risalitartige Vorziehen bestimmter Fensterachsengruppen: drei Achsen an der Gladbacher Straße, Eckachse und Doppelachse über der ehemaligen Durchfahrt.

Die hochrechteckigen Fenster, kleineren Formats als im Erdgeschoss, sind kreuzgeteilt und zweiflügelig. Teilung
und Proportion entsprechen außer in der Eckachse ausweislich alter Fotos dem ursprünglichen Zustand. Die Fensterachsen sind jeweils in eine auffällige Putzrahmung eingestellt. So zieht sich zunächst ein Brüstungsband mit abgesetzten, diamantierten Brüstungsfeldern oberhalb des Geschossgesimses um die Fassade. Auf ihm sitzen die Fenster des ersten Obergeschosses auf, die von kandelaberbesetzten Pilastern gerahmt und abwechselnd von Dreiecks- und Segmentgiebeln auf Volutenkonsolen überfangen werden. In der Eckachse befindet sich ausweislich alter Fotos vor dem Zweiten Weltkrieg ein Balkon.

Das zweite Obergeschoss ist entsprechend zeittypischer Konvention etwas schlichter ausgestaltet, was insbesondere in der einfacheren Putzrahmung der Fenster mit wirtelartigen Zierstücken zum Ausdruck kommt. Auch die Brüstungsfelder sind abstrakter ausgedeutet. Statt als Giebel sind die Verdachungen hier als gerades Gebälkstück mit Klötzchenfries ausgeführt. In beiden Geschossen sind die Stürze der Fensterlaibungen mehrfach gestuft profiliert.

Besondere Erwähnung verdient noch das auf dem kräftigen Kranzgesims aufsitzende, aufwändig verzierte Zwerchhaus in der Eckachse, dessen rundbogiges Fenster von Pilastern gerahmt wird und dessen Seiten als Voluten ausgebildet sind.

Im Innern ist das Haus weitgehend verändert. Der Schankraum des Erdgeschosses ist in den weitläufigen Komplex der heutigen Spielhalle integriert.

Denkmalwert
Die Häuser Gladbacher Straße 1 und Gladbacher Straße 3 bilden zusammen mit dem Saalbau Heierstraße 2 eine Straßenecke mit einem historischen Erscheinungsbild des Viersen der Jahrhundertwende, wie es in dieser unversehrten Geschlossenheit an der auf sie zulaufenden Hauptstraße nicht mehr angeschaut werden kann. Ausweislich des Stadtbauplans von 1860 befindet sich an dieser Stelle auch schon vor dem Neubau 1894/95 eine Bebauung. Seit mehr als 100 Jahren wird hier eine Gaststätte betrieben. Die dem entsprechende Aufteilung in einen Wohn- und Schankbereich ist in zeittypischer Weise umgesetzt (z.B. Eckausbildung und Fenstergestaltung) und noch anschaulich erhalten. Allerdings sind im Inneren keine nennenswerten Zeugnisse von historischem Wert vorweisbar, so dass sich das öffentliche Erhaltungsinteresse auf die straßensichtigen Fassaden und Dachflächen beschränkt.

Es handelt sich um ein am Außenbau anschaulich erhaltenes Wohn- und Geschäftshaus, dessen repräsentative Dreigeschossigkeit ausgesprochen städtisches Gepräge besitzt und einen wichtigen Blickpunkt in der Viersener Innenstadt bildet. Als Bestandteil eines markanten historischen Bauten-Ensembles an einer der belebtesten Punkte in der Viersener Innenstadt sowie als traditionsreiche Gaststätte ist das Gebäude Gladbacher Straße 1 bedeutend für Viersen.

Seine aufwändige, historistische Baugestaltung ist bis auf einige wenige Details weitgehend ursprünglich erhalten. Es stellt daher ein wichtiges Zeugnis für das Bauwesen der Jahrhundertwende in der Wachstumsphase Viersens und an städtebaulich repräsentativer Stelle dar. Als traditionsreiche innerstädtische Gaststätte und auch als kurzzeitige Kreiszentrale der NSDAP kommt ihm darüber hinaus ortsgeschichtliche Bedeutung zu. An der Erhaltung der straßensichtigen Fassaden und Dachflächen besteht daher aus städtebaulichen und wissenschaftlichen, hier architektur- und ortsgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal.