Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 427

 

Standort:

Merianstraße 14,  D 41749 Viersen - Süchteln

GPS:

5117' 34,1" N   06o 21' 46,0" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1913

Tag der Eintragung als Denkmal

18. April  2002

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Wohnhaus in Süchteln

Denkmalbeschreibung:

Das Wohnhaus Merianstraße 14 in Viersen-Süchteln ist ein Baudenkmal im Sinne von § 2 Denkmalschutzgesetz NRW. Als in wesentlichen Zügen substanziell anschaulich erhaltenes Wohnhaus des frühen 20. Jahrhunderts und Teil des Ensembles Merianstraße ist es bedeutend für Viersen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse.

Das Wohnhaus Merianstraße 14 in Süchteln ist 1913 zusammen mit dem benachbarten Eckhaus Merianstraße 16 als Doppelhaus errichtet worden.

Das zweigeschossige Haus, traufenständig in eine geschlossene Zeile eingebaut, erhebt sich über tiefrechteckiger, leicht unregelmäßiger Grundfläche (laut Entwurfsplan ca. 7,5 x 10,4 m). Die verputzte Fassade ist über hohem Sockel einfach verputzt und ohne ornamentale Zierformen allein durch die Verteilung der Öffnungen und Gesimse gegliedert. Ein Dachhaus mit hohem Dreiecksgiebel dominiert die Dachfläche. Das Erdgeschoss teilt sich in der Ansicht in einen von einem schmalen Fensterchen begleiteten Eingang links und ein erkerartig leicht vor die Flucht gezogenes dreiteiliges Fenster. Erd- und Obergeschoss werden durch ein Sohlbankgesims getrennt, wodurch das Erdgeschoss optisch wesentlich höher wirkt als tatsächlich gegeben. Das Obergeschoss ist in drei eng nebeneinander liegenden Fenstern geöffnet, die durch Klappläden zu einem Band zusammengeschlossen werden. Die Fassade besitzt mithin keine durchgezogenen Fensterachsen. Von großer Bedeutung für ihr flächiges Erscheinungsbild ist die Tatsache, dass die alten Kreuzstockfenster mit ihrer ursprünglichen kleinteiligen Sprossengliederung sowie die schlichte Haustür mit kleinem Rautenfensterchen und Oberlicht erhalten sind.

Die Gebäuderückseite ist ebenfalls glatt verputzt. Ein Hinterhaus hat es nicht gegeben.

Das Innere gibt in großer Dichte das Raumbild der Entstehungszeit wider. Die Aufteilung der Zimmer ist im wesentlichen unverändert erhalten. Der seitliche schmale Flur - mit teilweise erhaltenem Terrazzoboden - erschließt Wohn- und Esszimmer des Erdgeschosses und führt an der Treppe vorbei zur rückwärtigen Küche. Der nachträglich geschlossene Zugang vom Flur ins rückwärtige Zimmer ist angedeutet geblieben. Die originale Treppe aus Holz ist einläufig mit eingedrehtem Anlauf, schlichtem viereckigen Anfänger und gedrechselten Geländerstäben. Die ursprünglichen Zimmertüren mit verschieden unterteilten Fenstereinsätzen sind ebenso erhalten wie Dielenböden und die rückwärtigen Fenster mit wiederum kleinteiliger Sprossengliederung. Eine ebenfalls großzügig durchfensterte Tür mit Oberlicht führt vom heutigen Esszimmer aus in den Garten. Sie sitzt anders als im Bauplan vorgesehen nicht mittig, sondern asymmetrisch seitlich neben dem Zimmerfenster.

Dieses erhaltene Raumbild setzt sich im Schlafzimmerbereich des Obergeschosses fort. Das dreiteilige Fenster des gartenseitigen Schlafzimmers weicht hier von der "Norm" der hochrechteckigen Kreuzstockfenster ab.

Die sehr sachliche Gestaltung des Hauses, die nicht nur auf Stuckdekorationen oder bestimmte Stilformen verzichtet, sondern auch stärker liegende statt vertikale Proportionen bevorzugt, verweist auf die Entstehungszeit Anfang des 20. Jahrhunderts. Gegenüber den nur ein Jahr älteren Nachbarhäusern Merianstraße 12 und 10 repräsentieren die Häuser Merianstraße 14 und 16 deutlich erkennbar eine weitergehende Ausprägung einer sich vom Historismus absetzenden Reformarchitektur. Weitere typische Kennzeichen hierfür sind der flache Erker des Erdgeschosses und die Variation der nicht in ein starres Achsensystem eingefügten Fenster, welche dennoch durch bandartige Anordnung und Klappläden in eine ruhige Ordnung gebracht sind.

Die Merianstraße, früher Nordstraße, ist eine nach Nordosten aus dem historischen Stadtkern von Süchteln hinausführende Straße. Als Weg ist sie bereits in den Kartenaufnahmen des frühen 19. Jahrhunderts (Tranchot 1805, Urkarte 1812) verzeichnet, mit annähernd dem gleichen, nicht durchgehend geradlinigen, sondern mehrfach gebrochenen Verlauf wie heute. An ihr angelegt ist der evangelische Friedhof; die Urkarte 1812 verzeichnet im Bereich der heutigen Wohnhauszeile große Gartenflächen vor der Umwallung des Ortes.

1911-13 wurde die Straße mit zweigeschossigen Wohnhäusern ausgebaut. Die in den Bauakten der Häuser erhaltene Korrespondenz mit Kreisbaumeister Ledschbor und seinem Mitarbeiter Luthardt als zuständiger Bauberatungsstelle belegt, dass die Stadt Süchteln den Ausbau der Nordstraße als wichtige städtebauliche Maßnahme erachtete, die nicht nur die genannten Wohnhäuser, sondern auch zwei neue Querstraßen und einen Platz zwischen den Häusern Merianstraße 1 und 3 einerseits, Merianstraße 14 und 16 andererseits umfassen sollte. Obwohl vermutlich der Erste Weltkrieg die vollständige Durchbildung in diesem Sinne verhinderte, ist auch heute noch der ursprüngliche Gestaltungswille im Straßenraum erfahrbar.

Bauherr der gesamten Ausbaumaßnahme an der Nordstraße war der Bauunternehmer Franz Jürgens. Trotz der einheitlichen Bauherrenschaft erfolgte die Planung der einzelnen Gebäude jedoch durch vier verschiedene Architekten bzw. Baugeschäfte. Als erster Bauabschnitt entstanden. 1911 die Wohnhäuser Merianstraße 4, 6 und 8 (Planverfasser: Solbach & Remmel, Viersen). Es folgten 1912 die Häuser Merianstraße 10 und 12 (J. Felder, Kempen) sowie 1913 die Eckbebauung Merianstraße 14 und 16 (Franz Schrüllkamp, Krefeld). Ebenfalls 1913 wurde auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Doppelhaus Merianstraße 1 und 3 als Wohnhaus und Gaststätte für Franz Jürgens selbst errichtet (W. Rompelberg, Süchteln). Die Wohnhäuser waren zum Teil als Ein-, zum Teil als Zweifamilienhäuser konzipiert; im Eckgebäude Merianstraße 16 war im Erdgeschoss ursprünglich ein Ladengeschäft untergebracht.

Bevor er als Bauunternehmer in Süchteln auftrat, war Franz Jürgens zunächst Bäcker in Düsseldorf gewesen. Nach örtlicher Überlieferung investierte er die Entschädigungszahlungen, die er nach einem Betriebsunfall erhalten hatte, in die Häuser an der Merianstraße. Jürgens selbst unterhielt im Haus Merianstraße. 3 eine Gaststätte. Kurz vor der Inflation in den zwanziger Jahren hat er seine Häuser verkauft. 1936 ist er im Alter von 79 Jahren gestorben.

Die Merianstraße bildet im Bereich der Hausnummern 1-3/4 bis 16 ein Ensemble von im Gesamterscheinungsbild gut erhaltenen Wohnhäusern des frühen 20. Jahrhunderts, die 1911-13 in mehreren Bauabschnitten vom gleichen Bauherren errichtet wurden. Der Straßenzug, dessen Gestaltung bei offenkundig einheitlicher Gesamtanlage im Detail abwechslungsreich variiert ist, wurde bereits in den 1970er Jahren als im genannten Umfang schützenswert angesehen, da es sich um eine vergleichsweise umfängliche geschlossene Zeile von Wohnbauten (Merianstraße 4 bis 16) sowie einen platzbildenden Solitärbau (Merianstraße 1-3) handelt, in denen planvolle Stadterweiterung der Jahre vor dem Ersten Weltkrieg wie kaum sonst in Süchteln zum Ausdruck kommt (vgl. z.B. Rahmenplanung Altstadt Süchteln, 1978, Seite 29).

Als in wesentlichen Zügen substanziell anschaulich erhaltenes Wohnhaus des frühen 20. Jahrhunderts und Teil des Ensembles Merianstraße ist das Haus Merianstraße 14 in Süchteln bedeutend für Viersen. Aus den dargelegten Gründen besteht an seiner Erhaltung und Nutzung aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal.