Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 436

 

Standort:

Viersener Straße 13, D 41751 Viersen - Dülken

GPS:

5115' 14,4" N   06o 20' 07,4" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1910 / 1911

Tag der Eintragung als Denkmal

23. Mai 2002

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Wohnhaus in Dülken

Denkmalbeschreibung:

Das vier Achsen breite Haus liegt etwas hinter der vorbeiführenden Straße zurück, an den Giebel seines rechten Nachbarhauses versetzt angebaut. Seine Traufständigkeit wird durch einen die rechten drei Achsen übergreifenden, geschweiften Zwerchhausgiebel verunklärt. Das hohe Sockelgeschoss mit relativ großen liegenden Fenstern ist mit Bruchsteinen rustiziert, Erd- und Obergeschoss sowie der Giebel sind einfach verputzt. Die mittleren beiden der ungleich breiten Achsen sind in einem Risalit leicht vorgezogen; der Hauseingang ist rechts über zwei Stufen erhöht angeordnet.

Die Fassade wirkt heute weitgehend schmucklos, was vor allem auf den Verlust der ursprünglichen Fenster, der Haustür sowie eines Balkons im Obergeschoss zurückzuführen ist. Erhalten sind aber die profilierten Fensterrahmungen, die ädikulaartige Pilasterrahmung des Hauseingangs und die beiden prägenden Buntfenster im Oberlicht des Eingangs und im Obergeschoss des Risalits (ehemals Austritt auf den Balkon). Durch verschiedene Eingriffe verunstaltet ist die Rückseite des Hauses, die jedoch bei Bauten dieser Art von vornherein von geringer Bedeutung war.

Die Zuwegung zum Eingang ist mit einem farbigen Ornamentpflaster ausgelegt. Die Pilaster mit hohen Postamenten tragen ein Gebälk, auf dem ein großes Oberlicht mit Buntverglasung in profilierter Rahmung aufsitzt. Zwischen den Kapitellen der Pilaster ist als Sturz des Hauseingangs ein Marmorstein mit der Jahreszahl 1911 eingespannt.

Im Inneren betritt man zunächst ein Vestibül, das über mehrere Stufen auf das erhöhte Niveau des Erdgeschosses bzw. hinunter in das Sockelgeschoss führt. Die zweifarbige Marmorverkleidung von Boden und Wandpartien sowie die durchfensterte hölzerne Verbindungstür zur Diele deuten hier bereits die noble Innenausstattung des Hauses an. Vom Podest des Vestibüls aus führt eine Tür in die links gelegenen ehemaligen Praxisräume des Zahnarztes: zunächst ein Wartezimmer und anschließend zwei "Operationszimmer", zwischen denen eine Stiege in ein zugehöriges Labor im Keller hinabführt.

Die eigentlichen Wohnräume werden von einer zentralen Treppenhalle ("Diele") erschlossen, an deren vier Seiten entlang sich Holztreppe bzw. Galerie bis in das Dachgeschoss hinaufziehen. Von oben wird die Halle durch ein großes buntverglastes Fenster belichtet. Anfänger und Eckpfosten der Treppe sind reliefiert bzw. durch Eckabfasungen und Bekrönungen gestaltet. Im Erdgeschoss tragen die Anfänger zusätzlich schmiedeeiserne Lampenaufsätze. Halbhohe reliefierte Wandvertäfelungen bzw. Linkrustaverkleidungen an den Treppenläufen in demselben dunklen Farbton von Treppe und Türen vereinheitlichen das Raumbild. Der Boden der Halle besteht im Erdgeschoss aus zweifarbigen Marmorsteinplatten, mit durch rötliche Streifen abgesetzten Rändern. Der neben Vestibül und Praxis dritte Kellerabgang unterhalb der Treppe führt primär in die im Keller nach hinten angeordnete Küche, von der aus im selben Zug ein erhaltener Lastenaufzug zum Transport in die Wohngeschosse dient. In der Diele befindet sich ferner an einer Wand ein kleines marmornes Trinkbecken auf Säulchen. Außerdem sind hier und in anderen Zimmern ornamentierte Heizkörper der Bauzeit erhalten.

Außer den nach vorne gelegenen Praxisräumen sind laut Bauplan im Erdgeschoss nach hinten Herren- und Esszimmer sowie eine Veranda vorgesehen. Letztere ist möglicherweise von Anfang an als der heute geschlossene Raum ausgeführt gewesen, mit Zierfachwerk außen, zweiseitiger Buntverglasung und Wandvertäfelung im Inneren. Hier wie in den meisten anderen Zimmern des Hauses sind originale Türen erhalten, so verbindet eine durchfensterte Flügeltür die "Veranda" mit dem ebenfalls holzvertäfelten "Esszimmer".

In den beiden oberen Geschossen ist die übliche Verteilung der von der Galerie aus erschlossenen Zimmer erhalten. Vom vorderen Schlafzimmer aus führt eine buntverglaste Fenstertür mit schmalen, ebenfalls bunten Begleitfenstern und Oberlichtern auf den verlorenen Austritt. Erhalten, wenn auch baulich verunstaltet, ist der rückwärtige Balkon, der durch eine gleichartige Fenster-/Türanordnung ohne Buntfenster erschlossen wird.

Bemerkenswert ist das funktional gegliederte Sockelgeschoss mit dem voneinander getrennten Bereich Labor vorne sowie einem großen zentralen Vorraum, ehemaliger Küche und einem zusätzlichen Haushaltungsraum im hinteren Bereich.

Das Wohnhaus Viersener Straße 13 in Dülken wird 1910/11 für Franz Röhlen, Besitzer einer Färberei am Markt, errichtet. Als Planverfasser zeichnet zunächst der Bauunternehmer Franz Fuesers. Die Rohbauanzeige wird dann von dem Dülkener Baumeister Albert Rangette eingereicht.

Röhlen lässt das Gebäude jedoch nicht zu eigenem Gebrauch bauen, sondern für seine Tochter Ella und ihren Mann Dr. Wilhelm Philipp, der sich 1909 als erster approbierter Zahnarzt in Dülken niederlässt, weswegen neben einer Wohnung im Erd- und Kellergeschoss zusätzlich eine Arztpraxis eingerichtet wird.

Das Haus Viersener Straße 13 bezieht seinen Denkmalwert vor allem aus seinem umfänglich erhaltenen inneren Ausbau. Das Äußere des Hauses war bereits ursprünglich in Dimension und Gestaltung wenig auffällig. Hinzu kommen unsachgemäße spätere Veränderungen. Allenfalls lassen auch heute noch erhaltene Details wie der Eingang oder die Buntverglasung auf das gehobene Anspruchsniveau schließen, das sich vollends im Inneren eröffnet. Insbesondere vergleichbar großzügige Treppenhaushallen mit umlaufender Treppe, Marmorfußboden, Holzvertäfelung, Trinkbrunnen und gro-ßem Buntfenster-Lichtschacht sind bislang in Viersen nicht bekannt. Aber auch die mit ihrer wandfesten Ausstattung erhaltenen anderen Wohnräume des Erdgeschosses und die typischerweise einfacheren Zimmer der Obergeschosse vermitteln insgesamt äußerst anschaulich repräsentatives Wohnen vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Zusätzlichen Charakter verleiht der inneren Raumstruktur die Integration der vorderen Praxisräume über zwei Geschosse hinweg. Die differenzierte funktionale Verzahnung von Sockel- und Wohngeschoss drückt sich nicht zuletzt im Vorhandensein von drei getrennten Abgängen sowie einem zusätzlichen Aufzug aus.

Seine von außen nach Innen sich steigernde noble Gestaltung macht das Haus Viersener Straße 13 in Dülken bedeutend für Viersen. Es fügt sich damit in den Charakter der Viersener Straße, an der sich im Zuge des Stadtwachstums etwa ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts repräsentative Villen und Wohngebäude sowie wichtige öffentliche Gebäude und Gewerbetriebe ansiedelten.

Aus den dargelegten wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen Gründen besteht an seiner Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse. Hinzu treten in kleinerem Umfange ortsgeschichtliche Gründe, da die Praxisräume des ersten approbierten Zahnarztes in Dülken hier noch ablesbar erhalten sind. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal.