Wohnstallhaus
Tillerhöfe in Dülken

Denkmalbeschreibung:
Das Wohnstallhaus Rheindahlener Straße 399
liegt in der Hofschaft Tillerhöfe, die zur ehemaligen Oberhonschaft südlich
des alten Stadtkerns von Dülken gehörte.
In der Oberhonschaft gab es eine Reihe von Höfen, die dem Kloster
Neuwerk zehntpflichtig waren. Unter ihnen war auch ein Hof "van
Teyl" am Weg von Dülken nach Hardt, der heutigen Rheindahlener
Straße. Dieser Hof wird zu Beginn des 15. Jahrhunderts urkundlich
genannt, soll nach Mackes aber bereits um 1200 bestanden haben. Um den
Hof herum entstand wahrscheinlich durch Teilungen die Hofgruppe Tillerhöfe,
die Anfang des 19. Jahrhunderts auf den Karten von Tranchot bzw.
Uraufnahme bereits etwa in der heutigen Ausdehnung dargestellt ist.
Urkataster und eine etwa zeitgleiche Heiratsurkunde (1825) weisen einen
Goswin Brasseler als Besitzer des heutigen Anwesens Rheindahlener Straße
399 aus.
Beschreibung
Das eingeschossige Wohnstallhaus, außen backsteinsichtig, innen jedoch
noch mit wohl weitgehend erhaltenem Fachwerkgerüst, erhebt sich auf annähernd
quadratischer Grundfläche. Es steht traufständig zum vorbeiführenden
Weg, die innere Erschließung erfolgt von den Giebelseiten aus. Die
Fensteröffnungen wurden überwiegend im Laufe der Jahre verändert bzw.
vergrößert; sie spiegeln aber noch die typische innere Aufteilung des
Hauses mit der Trennung in Wohn- und Wirtschaftsteil einerseits,
Mittelschiff und Abseiten andererseits wider. Überfangen wird das Haus
von einem hohen Satteldach, das innen ein Ober- und ein Dachgeschoss
birgt. Auf dem First ist der Kaminkopf zu erkennen.
Die beiden Giebelseiten tragen unterschiedliche Ankerdatierungen aus dem
18. Jahrhundert: 1712 am Wohngiebel, 1751 am Stallgiebel. Am Wohngiebel
sind im Giebeldreieck ferner die Buchstaben "GLG" als Ankerköpfe
angebracht.
Die Hauseingangstür mit Oberlicht und Gewände stammt aus dem 19.
Jahrhundert, wie auch der Konsolfries in Art eines "Deutschen
Bandes" auf Höhe der Obergeschossfenster kaum vor 1800 denkbar
ist. Die Ortgänge des Giebels zeigen sauber gemauerte Holländische
Dreiecke.
Der Stallgiebel besitzt stärkere Flickungen und Störungen im
Mauerwerk, einschließlich einer Verbreiterung der Einfahrt. Auch hier
sind wieder Holländische Dreiecke vorhanden.
Durch den Hauseingang betritt man, wie typologisch üblich, direkt den Küchenraum,
der die ganze Breite des Mittelschiffs einnimmt. An der Rückwand des
Raumes ist noch der Kaminblock zu erkennen; die Stiege, die quer vor ihm
ins Dachgeschoss führt und daher jünger sein muss, stammt aus dem 19.
Jahrhundert, ebenso der rundbogige Durchgang in den dahinter unmittelbar
anschließenden Stallteil. In der linken Abseite sind die Wohnräume
untergebracht, die von der Traufseite her durch Fenster belichtet
werden. Unter der rechten Abseite befindet sich ein Gewölbekeller; eine
für diese Bauform eigentliche typische Opkamer ist nicht vorhanden. Das
innere Fachwerkgerüst ist größtenteils überputzt, v.a. von der
rechten Abseite aus aber auch noch gut sichtbar. Im Stallteil ist der
alte Steinboden erhalten, von hier führt eine weitere Stiege aus dem
19. Jahrhundert nach oben. Im Spitzdach zeigt der Dachstuhl verschiedene
Reparaturen bzw. Ergänzungen, die alten Scherenstuhl-Teile dürften
wohl in das 19. Jahrhundert zu datieren sein.
Denkmalwert
Es handelt sich um ein selten gewordenes, intaktes Beispiel eines
Wohnstallhauses, also jener ländlichen Hausform, die bis in die erste Hälfte
des 19. Jahrhunderts üblich war, bevor Wohnen und Wirtschaften bzw.
Stall in größeren Hofanlagen auf verschiedene Gebäude verteilt
wurden. Insbesondere der Grundriss überliefert bis ins Detail alte, vor
dem 19. Jahrhundert gebräuchliche Bauweisen: die Aufteilung in Wohn-
und Stallteil sowie Mittelschiff und Abseiten unter einem Dach, mit dem
zentralen Küchenraum ohne Flure oder dem Kaminblock an der Trennwand
zwischen Wohn- und Stallteil.
Die überlieferte Substanz ist dabei nicht eindeutig einer Bauphase
zuzuordnen. Besonders augenfällig ist das bei der vor dem Kamin
herlaufenden, nachträglich eingebauten Stiege, aber auch andere
Elemente zeugen von einem teilweisen Weiterbauen im Bestand
(Hauseingang, Durchgang Wohn-/Stallteil, Stiege im Stallteil, Vergrößerung
der Fenster). Darüber hinaus gibt es typologisch ungewöhnliche
Details, die eine eindeutige Datierung schwierig machen, zumal wenn man
die Ankerdatierung zusätzlich in Betracht zieht. Die Grundform des
Hauses ließe sich durchaus zumindest mit dem Datum 1751 in Einklang
bringen (Wohnstallhaus, zentraler Küchenraum, Kaminblock, Fachwerkgerüst).
Anderes wie der eingetiefte Keller (im Gegensatz zur älteren Opkamer),
der Scherenstuhl im Dach oder der Fries am Eingangsgiebel ist hingegen
selten oder gar nicht vor dem 19. Jahrhundert anzutreffen. Weitere
charakteristische historische Ausstattungselemente wie die Stiegen oder
Türen gehören schließlich auf jeden Fall einer Renovierungsphase im
(späteren) 19. Jahrhundert an. Zusammenfassend kann gesagt werden: wie
alt der Kern des Hauses ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen
(ein Ursprung im 18. Jahrhundert ist möglich, die Ankerdatierung 1712
erscheint aber zu früh und dürfte eher von einem Vorgängergebäude
stammen). Diesem Kern sind möglicherweise mehrere Umbauten im 19.
Jahrhundert gefolgt, die ihrerseits qualitätvolle und typische Details
hinzugefügt haben, ohne den grundsätzlichen Charakter des
Wohnstallhauses zu verändern.
Als ungewöhnlich intakt erhaltenes
Wohnstallhaus des 18./19. Jahrhunderts ist das Gebäude ein integraler,
historisch prägender Bestandteil der mindestens bis in die Frühe
Neuzeit zurück reichenden Hofschaft Tillerhöfe. Es ist daher bedeutend
für Viersen. Aus den beschriebenen architekturgeschichtlichen, d.h.
wissenschaftlichen Gründen besteht an Erhalt und Nutzung des Hauses ein
öffentliches Interesse. Es handelt sich daher um ein Baudenkmal im
Sinne des § 2 Denkmalschutzgesetz NRW.