Denkmale in der Stadt Viersen |
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Lfd. - Nr. 525 |
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Standort: Johannisstraße, D 41751 Viersen - Süchteln GPS: 51o 17' 24,1" N 06o 21' 56,9" O Zuständigkeit: Privat Baujahr: 1837 Tag der Eintragung als Denkmal 11. November 2016 Quellenhinweis: Beschreibung der Denkmalbehörde
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Ehemaliger katholischer Friedhof "Am Hagelkreuz"
Denkmalbeschreibung: Geschichte Bereits wenige Jahrzehnte später war die Friedhofsfläche zu klein geworden, so dass man von Seiten der Kirchengemeinde überlegte, die Friedhofsfläche zu erweitern. Auf dem Situationsplan über die projektierte Erweiterung des katholischen Begräbnisplatzes aus dem Jahr 1885 ist die vorhandene Friedhofsfläche mit 58 ar 56 m², die westlich sich anschließende Fläche der Erweiterung mit 95 ar 89 m² angegeben. Gegen eine solche Erweiterung sprach sich allerdings die königliche Regierung in Person des Landesrats aus. Zwischenzeitlich hatte sich die Stadt Süchteln insbesondere entlang der Bezirksstraße, heute Hoch- bzw. Grefrather Straße, baulich ausgedehnt. Der vorhandene Friedhof widersprach somit der Verordnung für das Begräbniswesen durch die Düsseldorfer Regierung vom 08.04.1838 bzw. deren Präzisierung der sanitätspolizeilichen Bestimmungen aus dem Jahr 1882. Aus hygienischen Gründen wurden weitere Bestattungen auf dem Friedhof untersagt. Ein überkonfessioneller Friedhof in der Nähe der Süchtelner Höhen an der Bergstraße wurde 1888 in Nutzung genommen und im gleichen Jahr der Friedhof „Am Hagelkreuz“ geschlossen. Es wurde den Familien freigestellt, ihre verstorbenen Angehörigen auf den neuen Friedhof umzubetten. Ansonsten verblieben sie zunächst auf dem aufgelassenen Friedhof, der allerdings langsam zum Unmut der Anwohner verwilderte. Daher beschloss die Stadt Süchteln nach dem 1. Weltkrieg auf Kosten der Arbeitslosenfürsorge und freiwilligen Stiftungen den Friedhof zu einem öffentlichen Kleinpark umzugestalten. Arbeitslose räumten bis auf einzelne gut erhaltene Gräber und Gruften die Fläche frei. Einige Stein- und Eisenkreuze wurden am Eingang des Friedhofs wieder aufgestellt. Gestalterischer Mittelpunkt war ein Springbrunnen, in dessen Umrandung zahlreiche Bruchsteine zertrümmerter Grabsteine eingebaut worden waren. Einzig das Friedhofskreuz blieb an seiner Stelle bis heute stehen. Fronleichnam 1920 wurde der Stadtpark der Öffentlichkeit zugängig gemacht. Im Jahr 1931 wurde die Hagelkreuzhalle abgebrochen, die zwischen 1870 bis 1916 noch als Endstation für die Straßenbahnlinie von Süchteln nach Grefrath gedient hatte. Die wertvolle Kreuzigungsgruppe wurde in der Nähe der Pfarrkirche St. Clemens aufgestellt. Der Blick war nunmehr unverstellt von der Innenstadt auf den Stadtgarten gegeben. Weiteren Umgestaltungen der Grünflächen folgten. So wurde u.a. 1967 der Springbrunnen umgestaltet, mit Erde verfüllt und mit Blumen bepflanzt. Grabsteine sind heute nicht mehr vorzufinden, nur noch die unbebaute Fläche selbst, das Hochkreuz und die Priestergruft erinnern an den ehemaligen Friedhof. Beschreibung Friedhof mit Hochkreuz und
Priestergruft Das Hochkreuz erhebt sich auf einem hohen, nach oben verjüngenden dreistufigen Natursteinsockel. Die umlaufenden Steinstufen bilden ein quadratisches Podest. Der Unterbau aus Blaustein besteht aus einer massiven Grundplatte, einem massiven Mittelteil und zwei profilierten Platten als Abdeckung. Die Flächen im Mittelblock sind zurückgesetzt und tragen auf ihrer Vorder- und Rückseite umfangreiche Inschriften, als Chronogramme verfasst. So ergeben die Zahlensymbole die Jahreszahl 1838 und beziehen sich vermutlich auf das Aufstellungsjahr des Kreuzes. Vorderseite:
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(O Schaut!) Rückseite:
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(Die Gebeine, diesem) Zudem gibt es noch eine Inschrift auf der Grundplatte des Sockels, die auf die erste Verstorbene Bezug nimmt, die auf dem Friedhof bestattet wurde: Anna Elisabeth Pescher, Witwe Küllertz und Schündelen, gest. den 31. August 1837, war die Erste, welchem auf diesem, den 27. August eingeweihten Gottesacker, den 4. September begraben wurde. Der Übergang des Sockels zum Kreuz bildet eine verjüngende Abdeckung mit Kaniesprofil. Darüber befindet sich das Kreuz, das aus Kreuzstamm, Querbalken und Stumpf besteht. Es ist aus Anröchter Dolomit gefertigt und weist eine scharierte Oberfläche aus. Es wurde Anfang des 20. Jahrhunderts erneuert. Die bronzene Christusfigur am Kreuz zeigt den seit der Gotik gebräuchlichen Dreinageltypus, bei dem die Beine übereinandergeschlagen werden und beide Füße von nur einem Nagel durchbohrt sind. Die Figur ist lediglich mit einem Lendentuch bekleidet, das durch einen großen Knoten an der Seite gebunden wird. Christus weist einen vom Leiden gezeichneten Körper auf. Sein Kopf, der eine Dornenkrone trägt, ist zum Boden gerichtet. Seine Augen sind geschlossen. Vor dem Kreuz befindet sich die Grabstätte des Kaplans Bernhard Geuer, dessen Gruft mit einer großen Grabplatte aus Muschelkalk abgedeckt wird. Sie trägt die Inschrift:
Hier ruht Unterhalb der Inschrift ist noch der Abdruck eines marmornen Kelchs erkennbar. Denkmaleigenschaft Nach der Christianisierung bis zum 18. Jahrhundert fanden Bestattungen in dem geweihten Bereich der Kirchengebäude und dem unmittelbar angrenzenden Kirchhof statt. Ausgehend von Frankreich mehrten sich gesundheitspolizeiliche Bedenken, die im Herzogtum Jülich 1784 zu einer ersten Friedhofsverordnung führte. Die sah eine Verlegung der Friedhöfe auf freien, außerhalb des Ortes gelegenen Flächen vor. Lediglich Standespersonen und Klostergeistliche sollte eine Bestattung in Gruften in den Kirchen gestattet bleiben. 20 Jahre später schreibt Napoleon in seinem Dekret vom 11.06.1804 sehr detailliert vor, wo und wie Begräbnisse stattzufinden haben. So musste die Mindestentfernung von der Ortsgrenze 35 bis 40 m betragen. Unter preußischer Regierung wurde am 14.10.1820 das napoleonische Dekret modifiziert. Die bis dato strenge Trennung der Religionen wurde aufgegeben. Stattdessen sollten gemeindliche, überkonfessionelle Friedhöfe angelegt werden. Trotz der Vorschriften herrschten in vielen Gemeinden desolate Zustände, da den neuen Bestimmungen nur mangelnd gefolgt wurde. Daher sah sich die Düsseldorfer Regierung gezwungen, am 08.04.1838 eine weitere Verordnung für das Begräbniswesen zu erlassen. So musste u.a. die Friedhofsgröße nunmehr nach der Einwohnerzahl berechnet werden. Grabbreite und –tiefe, Verwesungszeit, Neubelegung und Grabschmuck wurden vorgeschrieben. Die Entfernung vom Friedhof zum bebauten Ort mit einer Kirche musste 200 bis 800 m betragen. Er war im Norden anzulegen und mit Hecken einzufrieden. Zudem musste ein Leichenhaus errichtet werden. Die zu erstellende Begräbnisordnung musste bei der Regierung eingereicht werden. Der katholische Friedhof „Am Hagelkreuz“ in Süchteln steht beispielhaft für die Verlagerung der Friedhöfe vor die Stadtgrenzen Mitte des 19. Jahrhunderts. So liegt die Fläche ca. 500 m von der Pfarrkirche St. Clemens und ca. 250 m von der Stadtgrenze entfernt: nach damaliger Vorstellung weit genug entfernt von jeglicher Bebauung. Auf alten Fotos sind die geforderte Leichenhalle und die Hecken als Einfriedung zu erkennen. Auch seine kurze Nutzungsdauer von nur 50 Jahren ist beispielhaft, den durch den Bevölkerungswachstum, den Aufbau eines Gesundheitswesens, die industrielle Revolution und weitere Faktoren wurden die historischen Stadtgrenzen innerhalb weniger Jahrzehnte fast überall „gesprengt“. Die Städte wuchsen zunächst an den Ein- und Ausfallstraßen, später wurden „Neubaugebiete“ nach stadtplanerischen Vorgaben angelegt. Dem ehemals weit draußen liegenden Friedhof rückte die Bebauung immer näher und schloss ihn später ein. Die aus hygienischen Gründen notwendigen Abstandflächen konnten nicht mehr eingehalten werden, was unweigerlich sehr schnell zu gesundheitlichen Problemen bezüglich des Trinkwassers führte. Aus diesem Grund wurde die zunächst von der Stadt Süchteln favorisierte Erweiterung des Friedhofs „Am Hagelkreuz“ auch von der Düsseldorfer Regierung abgelegt. Zudem wurde nur das Anlegen von kommunalen Friedhöfen angestrebt. Auch nach Verlegung und Aufgabe des Friedhofs ist die markante Dreiecksfläche, die sich aus den historischen Wegeverbindungen gebildet hatte, bis heute unverändert erhalten und erkennbar. Die historischen Sichtbezüge zur Innenstadt sind unverstellt. Die heutigen Wegeverbindungen lassen nicht mehr erkennen, wie der Friedhof ursprünglich angelegt worden ist. Es liegt dennoch nahe, dass das Hochkreuz in einer direkten Wegeachse zum Eingangsportal aufgestellt worden ist. Es stellte den Mittelpunkt des Friedhofs dar. Seine aufwendige Gestaltung, insbesondere das mehrstufige Podest und seine Inschriften, zeugen von seiner hervorgehobenen Stellung. Auch die Anlage der Priestergruft in seiner unmittelbaren Nähe ist zeittypisch. Der Friedhof „Am Hagelkreuz“ gibt Zeugnis für die Friedhofskultur und –ordnung des 19. Jahrhunderts. Als konfessioneller Friedhof ursprünglich weit außerhalb der Stadttore angelegt, musste er nach wenigen Jahrzehnten wieder schließen. Als Grünfläche ist er bis heute im Stadtbild in seinem Umfang völlig unverändert erhalten. Das Friedhofskreuz einschließlich der Priestergruft gibt zudem ein bauliches Zeugnis ab. Daher liegen Erhaltung und Nutzung des katholischen Friedhofs „Am Hagelkreuz“, heute Stadtgarten – hier Dreiecksfläche, Friedhofskreuz und die Priestergruft -aus wissenschaftlichen, insbesondere aus kunst-, stadt- und religionsgeschichtlichen Gründen sowie aus volkskundlichen Gründen gemäß § 2 (l) des Denkmalschutzgesetzes im öffentlichen Interesse. Quellen Literatur Karl Mackes (Bearbeiter): „Süchteln“ in: Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.) „Rheinischer Städteatlas“, Lieferung VII Nr. 41, 1982 Heinz Prost (Hrsg.): „Süchteln wie es damals war“, Eigenverlag 2004, Seite 54 Bruno Schmidt: „Die Stadt im Grünen – Die Siedlungs- und Entwicklungsgeschichte Süchtels“, Eigenverlag 1999, Seite 119/120 Zeitungsartikel
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