Denkmale in der Stadt Willich

Lfd.-Nr. 160

 

Standort:

Friedhofstraße, D 47877  Willich

GPS:

5115' 42,0" N   06o 32' 26,4" O

Zuständigkeit:

Stadt Willich

Baujahr:

1959 - 1961

Tag der Eintragung als Denkmal

16. Juni 2004

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

Kapelle mit Leichenhalle in Willich

Denkmalbeschreibung:

An der östlichen Seite des Friedhofes von Willich wurde 1959-61 eine Kapelle mit Leichenhalle und frei stehendem Glockenturm errichtet. Architekt der im Auftrag der Gemeinde Willich erstellten Anlage war Peter Kuhlen aus Meerbusch

Kapelle, Leichenhalle und Nebenräume lagern sich in drei unterschiedlich langen und hohen Flügeln um einen kleinen Hof, in dessen Mitte – ursprünglich als Zielpunkt einer Eingangsallee gedacht – der schlanke Glockenturm aufragt. Die Gebäude sind in Stahlbetonbauweise mit teilweiser Ziegelverkleidung errichtet und besitzen flache, tonpfannengedeckte Satteldächer. Die vom Zugang aus gesehen links angeordnete Kapelle ist etwa doppelt so hoch wie die anschließende Leichenhalle. Ihre Vorderseite ist vollständig in Glas geöffnet und mit einem schmiede-eisernen Schmuckgitter aus Kreuzmotiven mit kleinen Rosetten in der Mitte versehen (Künstler: Peter Hink, Büderich). Die weiß gestrichen abgesetzte Rahmung der Fassade gibt die sich innen fortsetzende, sichtbar belassene Binderkonstruktion wider, deren Abfolge wesentlich den Raumeindruck bestimmt. Der Innenraum ist grundsätzlich zurückhaltend schlicht gehalten und auf ein der Wand aufgesetztes Kreuz in der geschlossenen Abschlusswand des Chores hin ausgerichtet. Zwei Querhausarme ergänzen den tiefrechteckigen Grundriss zu einer Kreuzform. Der Chor wird von den beiden Längsseiten aus durch wandhohe schmale Fensterbahnen belichtet. Wand- und Kronleuchten mit Kerzenlampen gehören wahrscheinlich noch zum Originalbestand. Der Boden ist mit Sauerlandschiefer-Platten belegt.

Die rechts an den Querarm der Kapelle anschließende Leichenhalle besitzt nach vorne eine Kolonade aus schlanken, sich verjüngenden Muschelkalk-Rundpfeilern; die Rückwand der Kolonade ist hell verputzt, mit fenstertürartigen Öffnungen der fünf Aufbewahrungskammern, zwischen denen originale Wandleuchten sitzen; der Boden des Kolonadengangs ist mit Natursteinplatten belegt. Die mit zweiflügeligen Türen verschlossenen Kammern und weitere Räume für den Aufenthalt der Angehörigen, Personal etc. werden rückwärtig durch einen Flur erschlossen, an dessen Stirnwand ein Sezierraum angeordnet ist. Der rechts parallel zur Kapelle angeordnete kurze Seitentrakt schließlich enthält v. a. einen Aufenthaltsraum für den Pfarrer. Der rückwärtige Erschließungsflur besitzt ebenfalls noch originale, hier runde Wandleuchten, in den Öffnungen auf Friedhofsseite sitzen heute überwiegend Glasbausteine statt der ursprünglichen Doppeltüren.

In der Mitte des Vorhofs überragt der frei stehende Glockenturm die Anlage; sein schlanker, durchbrochener Schaft ist nach oben hin verjüngt und endet 

über einem Absatz mit einem offenen Glockengeschoss und einem flachen Zeltdach mit Kreuzaufsatz

Es handelt sich um eine qualitätsvolle, wohl proportionierte Architektur, funktional klar gegliedert, die in der Großform traditionelle Elemente zeigt (Ehrenhof, Kolonade, Steildächer), im Detail der Ausführung aber überaus typisch für ihre Entstehungszeit ist, mit prägenden künstlerisch gestalteten Elementen (Schmuckgitter, Glockenturm). Bemerkenswert sind auch die zahlreichen, verschiedenartig gehaltenen Leuchtkörper, die entscheidend zum charakteristischen Erscheinungsbild der Anlage beitragen. Das für solche Anlage auf größeren städtischen Friedhöfen notwendige Raumprogramm einschl. Sezierraum ist in ihr voll entwickelt, wenn auch in zeittypisch kleinteiligen Raumzuschnitten umgesetzt.

Diese Verschmelzung traditioneller und moderner Formen ließ die Zeitgenossen folgerichtig von einer „zeitlosen“, „grundsoliden“ und „mit Maß komponierten“ Architekt sprechen, die „Linie und Stil“ habe: „Als die Gemeinde Willich in den dreißiger Jahren ihr Kriegerdenkmal baute, da war das in seiner bockigen Massigkeit und Größe schon eine Besonderheit aus dem damaligen Hang zum Heroisch-Monumentalen. Die des Hauses des Toten nun besteht darin, dass es in allem vor dem Heute wie auch noch dem Übermorgen in anderem Sinne – bestehen kann, ohne dass man seinen Erbauer der konventionellen Wagemutlosigkeit ziehe.“

Ein ähnlich qualitätsvolles und zugleich gut erhaltenes Zeugnis der Architektur der 1950er Jahre wie diese Kleinarchitektur wird in Willich nach derzeitigem Kenntnisstand kaum zu finden sein. Deshalb und wegen seiner zentralen Funktion als Kapelle und Leichenhalle auf dem städtischen Friedhof ist das Objekt bedeutend für Willich. Es ist ferner ein wesentlicher Bestandteil des historisch und gestalterisch bedeutenden Ensembles Friedhof Willich, bei dem der eigentliche Friedhof, die alte Friedhofskapelle, das Ehrenmal und schließlich diese neue Kapelle mit Leichenhalle sehr anschaulich verschiedene Etappen und Ausprägungen der Friedhofskultur des 20. Jahrhunderts repräsentieren. An der Erhaltung und Nutzung von neuer Kapelle und Leichenhalle besteht daher aus den beschriebenen wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und kulturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Es handelt sich gemäß § 2 DSchG NRW um ein Baudenkmal.